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Die Seele Europas!

Die Seele Europas!

Am 13. Oktober 2022 findet ein interessanter Diskurs über die Seele Europas im Hotel Kempinski in Wien statt. Karl von Habsburg hält eine Rede über die Europäische Union, ihre Vorteile und Probleme, besonders berücksichtigend den Ukraine Krieg. Sein Standpunkt ist, dass in diesem Konflikt auf jeden Fall die Sanktionen gegenüber Russland aufrechterhalten werden müssen, sonst sieht er eine Bedrohung der Freiheit der europäischen Staaten.

Die jahrelange Entwicklung des Rechtssystems vom Mittelalter bis zur Neuzeit ist sicher für die Seele Europas von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Todesstrafen verhängt werden oder wo gesteinigt wird, ist die europäische Rechtsprechung vorbildlich. Seit 1918 sind Frauen in Deutschland und Österreich wahlberechtigt, in der Schweiz erst seit 1971. Daran erkennt man, wie mühsam und langsam das Aufbrechen alter Strukturen ist und in welchem Turbotempo ein modernes Europa geschaffen wurde.

Karl von HABSBURG betont, dass die Demokratien die Seele Europas sind. Die Gewaltentrennung in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung) und Judikative (Justiz) ist ein wichtiges Merkmal einer Demokratie, sie soll Machtmissbrauch verhindern und die Freiheit aller sichern.

Wir berichteten über die Paneuropa Union, wo Karl von Habsburg Präsident ist.

Das Parteisystem überlagert aber die Gewaltenteilung, da die Regierungsmitglieder in der Regel den Parteien angehören, die im Parlament die Mehrheit haben. Sie werden von der Opposition kontrolliert, inwieweit das hilfreich ist, zeigen die immerwährenden Skandale.

Da ausnahmslos alle Parteien korrupt sind, gilt das Sprichwort: „Die eine Krähe kratzt der anderen kein Auge aus.“

Warum soll es in Brüssel anders sein?

Die Grundstruktur der EU ist demokratisch, aber schauen wir uns die derzeitige Lage lieber genauer an. Die Bürger wählen ihre Abgeordneten frei und werden von ihnen unmittelbar vertreten. Der Europäische Rat setzt sich aus den Regierungschefs der einzelnen EU-Staaten zusammen, der die Mitglieder für die EU-Kommission bestimmt. Im Gegensatz zu unserem Parlament gibt es in Brüssel keine klare Trennung zwischen Regierung und Opposition, jede Gesetzesinitiative benötigt eine Mehrheit, doch ist das EU-Parlament nicht so bedeutungsvoll. Auf einen EU-Abgeordneten kommen schätzungsweise 33 Lobbyisten, die ihre Interessen mit großem finanziellen Aufwand in Gesetzen und Richtlinien verankert wissen wollen.

EU-Gesetze werden meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit entworfen und das widerspricht einer Demokratie.  

Das Europäische Gericht versucht dagegen zu steuern. Neu ist, dass im Gesetzgebungsverfahren bekanntgegeben werden muss, wann welcher Lobbyist getroffen wurde. Prof. SCHACHTSCHNEIDER, ein renommierter Staatsrechtler, behauptet, dass der Lissabonner Vertrag vorsieht, dass die Grundgesetze abgeschafft werden sollen. Er spricht von einem Ermächtigungsgesetz, dass das Volk entmachtet und den Weg in eine Diktatur ermöglicht.

Dass die Demokratie die Seele Europas ist, muss bezweifelt werden. Außerdem nimmt in immer mehr EU-Staaten der Populismus zu und Demokratien werden zur Scheindemokratien. Die Bürgernähe fehlt durch eine sogenannte Hinterzimmer-Politik, Probleme wie staatliche Souveränität durch Grenzsicherung, Zuwanderungspolitik, Islamisierung und der damit verbundene Werte- und Kulturwandel sowie Wohlstandsverlust und Kriminalität begünstigen die Instrumentalisierung der Bürger für eigene Zwecke. Gerne wird von einem Links- oder Rechtspopulismus gesprochen.

Die EU hat derzeit über € 13 Billionen Schulden. Russland hat ca. € 212 Milliarden im Gegensatz zu dem kleinen Land Österreich mit € 354 Milliarden Schulden.

Fabian LINDER ist Makroökonom und Konjunkturforscher in der Hans-Böckler-Stiftung. Er behauptet, dass die EZB (Europäische Zentralbank) dafür sorgen muss, dass Eurostaaten niemals zahlungsunfähig werden, da dies ökonomisch und politisch sehr gefährlich wäre und zur Zerreißprobe der EU führen könnte. Die Finanzminister der Eurozone haben vorgeschlagen, dass der „European Stability Mechanism“ nur dann finanzielle Hilfen für Mitgliedstaaten bereitstellt, wenn deren „Schuldentragfähigkeit“ sichergestellt ist – wenn ihre Schuldenstandquoten also nicht zu schnell zunehmen. Sonst soll es einen Schuldenschnitt geben. „Ohne es explizit auszusprechen, bringen die Minister damit ein Insolvenzrecht für Staaten ins Spiel“, so Fabian LINDNER.

Um ein grüneres, digital ausgerichtetes und krisenfestes Europa zu schaffen wurde ein Konjunkturpaket aufgestellt, das mit ca. € 2,018 Billionen finanziert wird. Es nennt sich (NGEU = Next Generation EU).  Weitere € 19,7 Billionen fließen in die Ukraine-Hilfe. Wie ersichtlich, müssen wir das als EU-Bürger finanzieren und mittragen, besser gesagt ertragen.

Die Einnahmequellen sind:

  • Zölle
  • Beiträge der Mitgliedstaaten auf Grundlage der Mehrwertsteuer (MwSt)
  • Beiträge auf Grundlage des Bruttonationaleinkommens (BNE)
  • Ab 1.1.2021 fließt in den EU-Haushalt ein neuer nationaler Beitrag auf der Grundlage nicht recycelter Plastikverpackungsabfälle.

Weitere Finanzquellen sind:

  • Eigenmittel auf der Grundlage des Emissionshandelssystems
  • Eigenmittel auf der Grundlage des CO2-Grenzausgleichssystems
  • Eigenmittel aufgrund neu zugewiesener Gewinne sehr großer multinationaler Unternehmen (auf der Grundlage der Arbeiten auf Ebene der OECD und der G20)

Die Erweiterung der Europäischen Union 2004 war eine enorme politische Herausforderung. Zehn mittel- und osteuropäischer Staaten wurden am 1. Mai aufgenommen: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern (griechischer Landesteil). Am 1. Jänner 2007 wurden die Länder Rumänien, Bulgarien und 2013 Kroatien Mitglieder der Europäischen Union.

1993 äußert sich der französische Präsident Francois MITTERRAND kritisch über die Osterweiterungspläne der Nato, die auch George F. KENNAN, ehemaliger Berater des Außenministeriums der USA, als „verhängnisvollsten Fehler nach dem Kalten Krieg“ tituliert. Die amerikanischen Politiker werten die Beendigung des Kalten Krieges als militärischen Sieg, anstatt ein Sicherheitssystem für die unabhängigen Staaten Europas zu schaffen sowie die Übertragung der Hauptverantwortung über ihren Kontinent. Die russische Führung will eine Isolation vermeiden und Präsident Boris JELZIN äußert sogar den Wunsch der Nato beizutreten.

1999 interveniert die NATO in Exjugoslawien und verdeutlicht den Machtverlust Russlands. In seiner Rede zum Amtsantritt fordert der ehemalige KGB-Agenten Wladimir PUTIN Europa auf sich mit seinem Land zu vereinigen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz kritisiert PUTIN den Ultilateralismus und das Aufzwingen strategischere Maßnahmen. Trotz der immer wiederkehrenden militärischen Herausforderungen schlägt PUTIN einen europäischen Sicherheitsvertrag vor, der unbeachtet bleibt.  Da Russland als europäisches Land ausgegrenzt wird und die Europäer den USA treu ergeben sind, ist es geopolitisch vereinsamt und droht in die Abhängigkeit von China zu geraten.

In Anbetracht der Tatsachen, stellt sich die Frage, ob Europa überhaupt eine Seele hat. Die EU ist eher ein Seelenhändler bzw. Seelenverkäufer, außerdem ist sie durch die Nato ein Spielball der USA. 

Vielleicht sollten wir doch über einen Austritt ernsthaft nachdenken und den Schrecken beenden, bevor es ein Schrecken ohne Ende wird.

(©Limahr, Wien 26. November 2022)